Ingrid Urschler verstorben

Unsere ehemalige Kollegin OStR Dr. Ingrid Urschler ist am 2. Oktober 2023 im 95. Lebensjahr gestorben.

Die gebürtige Grazerin hatte an der Universität ihrer Heimatstadt die Fächer Naturgeschichte (Biologie), Naturlehre (Physik) und Chemie studiert und gleich nach ihrem Probejahr am 1. Bundesrealgymnasium in Graz im September 1953 den weiten Weg zu ihrer ersten Dienststelle im Pinzgauer Werkschulheim Felbertal angetreten.
Vor nunmehr sieben Jahrzehnten hat sie sich dort als Lehrerin und Erzieherin am Aufbau der damals noch sehr jungen Schule aktiv beteiligt. Mit viel visionärer Energie entwickelte sie ein Konzept zum Organisierten Arbeiten in Schüler-Eigenverantwortung: Gerade heute wird dieser pädagogische Bereich intensiv weiterentwickelt, damals war das Neuland!
Neben ihrer Lehrer- und Erziehertätigkeit war ihr bevorzugtes Fachgebiet die Methodik und Didaktik des Unterrichts. Ingrid Urschler hat dazu zahlreiche Arbeiten publiziert und erhielt nach der Übersiedlung des Werkschulheims nach Ebenau im Jahre 1964 auch einen Lehrauftrag an der damals wiedergegründeten Universität Salzburg, an der sie Lehramtskandidaten betreute.
Im Werkschulheim setzte sie sich unermüdlich für die schulische Weiterentwicklung ein, was Mitte der 1970er-Jahre in die Einführung der sogenannten Hausarbeit (für Schüler der Maturaklasse) mündete. In unserer Zeit kennt man diese schriftliche Arbeit unter dem Namen Vorwissenschaftliche Arbeit (ehemals Fachbereichsarbeit). Damit hatte damals das Werkschulheim eine absolute Pionierposition in der österreichischen Schullandschaft.
Lehren und Erziehen waren für Ingrid Urschler Beruf, besonders aber auch Berufung. Mit ihrer menschlichen und einfühlsamen Art gewann sie sehr schnell die Herzen der Schüler und Kollegen. Und wie dankbar war man als Lehrer-Neuling am Werkschulheim, wenn man bei Dienstantritt vor dem Konferenzzimmer nicht ratlos warten musste, sondern Ingrid freundlich auf einen zukam, ein kurzes Gespräch anknüpfte und eine kleine Vorstellung im Kollegenkreis vornahm.
Viel von dem, was Ingrid Urschler in ihrem frühen WSH-Leben begleitete, findet Niederschlag in ihrem 2001 veröffentlichten Buch „Geschichten aus dem Felbertal“, das in seiner chronikal-anekdotenhaft-erzählerischen Form viel von der Atmosphäre des alten Felbertal im Pinzgau spüren lässt, aber auch die Begeisterung und die Empathie der Autorin für die Gemeinschaft und ihre Mitmenschen.
Achtung und Wertschätzung der Kollegen- und Schülerschaft begleiteten Ingrid Urschler bis zu ihrer Pensionierung im Juli 1987. Ihr Übertritt in den Ruhestand war eine kleine Zäsur in der Geschichte des Werkschulheims, auch wenn sie in den folgenden Jahrzehnten eng mit ihrer früheren Wirkungsstätte verbunden blieb.

Die Schulgemeinde des Werkschulheims und die vielen ehemaligen Schüler danken Ingrid Urschler für ihr segensreiches Wirken und werden sie in freundlicher Erinnerung behalten.

Prof. Mag. Johannes Holztrattner

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